Unzulässige Zugaben - Parallelen zwischen der Arzneimittel- und der Buchpreisbin

Rezeptpflichtige Arzneimittel sind wie Bücher gesetzlich preisgebunden. Die Rechtsprechung auf diesem Gebiet ist somit auch für die Buchpreisbindung von großem Interesse, auch, was Umgehungsversuche angeht, die es hier wie dort gibt. Hier findet man viele Parallelen: Der Bundesgerichtshof sieht die arzneimittelrechtliche Preisbindung auch dann verletzt, wenn Kunden gekoppelt mit dem Erwerb der zum festgesetzten Preis abgegebenen Arzneimittel Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für sie wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen, also z. B. Prämien oder Gutscheine auch von nur geringem Wert, „solange sie nur geeignet sind, den Preiswettbewerb zwischen Apotheken zu beeinflussen, weil der Verbraucher veranlasst werden kann, sich künftig erneut für die Apotheke zu entscheiden, von der er den Vorteil erhalten hat“ (GRUR 2013, 1264 – Rezeptbonus; GRUR 2010, 1136 – „Unser Dankeschön für Sie“; MPR 2010, 204 – Bonussystem).

Ganz aktuell zu dieser Problematik der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 2. April 2015, Az: 6 U 17/15 (WRP 2015, 759). Zugrunde lag, dass eine Darmstädter Apotheke Kunden anlässlich des Erwerbs preisgebundener Arzneimittel einen „Brötchen-Gutschein“ über „ 2 Wasserweck oder ein Ofenkrustie“ ausgehändigt hatte, der bei einer Bäckerei in der Nähe der Apotheke eingelöst werden konnte. Auch solche Sachzugaben sind nach Auffassung des Gerichts geeignet, den Preiswettbewerb zu beeinflussen, selbst ein so geringwertiger Artikel.

§ 7 Absatz 4 Nr. 2 BuchPrG erlaubt – im Gegensatz zur Arzneimittel-Preisbindung, die keinerlei Zugaben zulässt – die Zugabe von Waren von geringem Wert oder Waren, die im Hinblick auf den Wert des gekauften Buches wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen. Die Rechtsprechung zieht die Geringwertigkeitsgrenze bei 2 % vom Wert der gekauften Bücher. Aber auch hier sind Vergünstigungen darüber hinaus, die den Charakter eines Preisnachlasses haben, unzulässig, also z. B. Gutscheine, ausgenommen die klassischen vorab bezahlten Geschenk-Gutscheine, die von Dritten eingelöst werden können.

Eindeutig ist dies bei Gutscheinen, die der Buchhändler selbst finanziert. Aber auch die Vergabe und Einlösung drittfinanzierter Gutscheine in Verbindung mit dem Kauf preisgebundener Bücher ist grundsätzlich unzulässig. Die Befürworter solcher Systeme argumentieren, im Ergebnis komme ja beim Buchhändler der volle gebundene Ladenpreis an, eben nur aus zwei verschiedenen Quellen: Vom Käufer und von der Firma, die den Gutschein – angeblich - dem Buchhändler – erstattet. Die Rechtsprechung ist dieser Auffassung bisher nicht gefolgt. So heißt es z. B. im Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 17. Juli 2012, 11 U 20/12, da durch den Buchkauf unter Einlösung des Gutscheines eine unmittelbar um den Gutscheinbetrag reduzierte Schuld begründet werde, bestünden bereits erheblich dogmatische Bedenken, die weitere Zahlung der Drittfirma an den Buchhändler in Höhe des Gutscheinwertes als Zahlung eines Dritten auf die durch den Buchkauf begründete Schuld des Kunden im Sinne des § 267 BGB zu werten.

Die Gerichte brauchten ihre Missbilligung solcher drittfinanzierter Gutscheinsysteme im Endergebnis jedoch hierauf nicht zu stützen, weil sie die Unzulässigkeit schon aus anderen Gründen bejahten: Einmal deshalb, weil ja mit solchen Aktionen für die Drittfirmen ein geldwerter Werbeeffekt verbunden sei, der bei der Vergütung des Gutscheines an den Buchhändler zu berücksichtigen sei. Der Kaufpreis komme also im Ergebnis doch nicht in voller Höhe beim Buchhändler an. Zudem sei nicht gewährleistet, dass tatsächlich der Wert der Gutscheine in voller Höhe - und schon gar nicht zeitnah – dem Buchhändler vergütet werde. Das aber verlange die Buchpreisbindung, weil Bücher Barzahlungsartikel seien.

Und auch durch die Rechtsprechung zur Buchpreisbindung zieht sich wie ein roter Faden die Argumentation der zur Arzneimittelpreisbindung ergangenen Entscheidungen: Es dürfe beim Kunden nicht der Eindruck erweckt werden, bei einer Buchhandlung wirtschaftlich günstiger einzukaufen als beim Wettbewerber. Ein solcher Eindruck werde aber durch solche Gutschein-Aktionen vermittelt. Wenn der Kunde solche Gutscheine erhalte, werde er bei den sie ausgebenden Buchhandlungen kaufen. Entscheidend sei, dass er für den konkreten Einkauf weniger zu zahlen habe. Ob der Buchhändler im Endergebnis über die Rückvergütung des Gutscheinwertes durch die Drittfirma den Ladenpreis in voller Höhe erhalte oder nicht, sei ihm egal. Solche Verkaufsförderungsaktionen enthielten Elemente des Preiswettbewerbs zwischen Buchhandlungen, den das Gesetz gerade verbietet.

Vereinzelt wird aber auch die Auffassung vertreten, dass ein Preisbindungsverstoß nur dann vorliege, wenn der Kunde den Eindruck gewinne, dass der betreffende Händler ihm auf Dauer - und nicht nur bei besonderen Aktionen - solche Vorteile gewähre. Deshalb ist die vom Börsenverein gewünschte Klarstellung bei der Neufassung des BuchPrG, dass solche Aktionen immer und ohne jede Einschränkung unzulässig sind (vgl. …) wichtig. Die Rechtsprechung zur Arzneimittelpreisbindung, die auch bei ganz geringfügigen Vergünstigungen schon den Kern des Gesetzes, nämlich den Ausschluss jedweden Preiswettbewerbs berührt, sieht, sollte den Gesetzgeber zu einer solchen Regelung motivieren, die Rechtssicherheit schafft.

 
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